Im späten 19. Jahrhundert entstand in Rom eine bemerkenswerte Sammlung von Sonnenbeobachtungsdaten. Seit dem vergangenen Jahr wurden die mehr als 5400 Zeichnungen, die dem italienischen Nationalen Institut für Astrophysik (INAF) gehören und im Astronomischen Observatorium Rom aufbewahrt werden, vollständig digitalisiert und stehen somit für die Forschung zur Verfügung. Die Auswertung dieses umfangreichen Materials stellt eine immense Herausforderung dar. Aus diesem Grund setzen Forscher*innen des MPS und des INAF auf die Unterstützung der Citizen Science Plattform Zooniverse. Über einen Zeitraum von mehr als drei Jahrzehnten beobachteten der Jesuitenpater und Astronom Angelo Secchi, seine Mitarbeiter und Assistenten regelmäßig die Sonne vom neu errichteten Observatorium der Jesuitenschule Collegio Romano auf dem Dach der Kirche Sant‘Ignazio aus. Ihre Beobachtungen wurden fast täglich in Bleistiftzeichnungen festgehalten, auf denen sie mit präzisen Strichen die Größe, Form und Position aller dunklen Flecken markierten, die sie durch ihre Teleskope erkennen konnten. Durch die Analyse dieser historischen Aufzeichnungen könnte man ein besseres Verständnis dafür entwickeln, wie aktiv die Sonne in der Vergangenheit war und welche Auswirkungen dies auf zukünftige Ereignisse haben könnte. „Wenn wir heute auf die Sonne schauen, sehen wir nur eine Momentaufnahme, einen winzigen Ausschnitt in ihrem schon 4,6 Milliarden Jahre währenden Leben“, sagt Dr. Theodosios Chatzistergos vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen. Er hat das Zooniverse-Projekt „Sonnenfleck-Detektive“ gestartet. „Erst ein Blick zurück in die Geschichte der Sonne hilft uns einzuschätzen, zu welchem Verhalten unser Stern prinzipiell fähig ist – und was in Zukunft möglicherweise von ihm zu erwarten ist“, erklärt er weiter. Ab sofort stehen auf der Zooniverse-Plattform mehr als 15.000 Bilder zur Verfügung, die Ausschnitte aus historischen Zeichnungen zeigen. Jeder Ausschnitt zeigt Gruppen eng benachbarter und oft recht kleiner Sonnenflecke. Die Forscher hoffen auf eine große Anzahl von Sonnenfleck-Detektiven. Um zuverlässige Daten zu erhalten, ist es wichtig, dass möglichst viele Laienforscher jeden Bildausschnitt bearbeiten. Die Bilder bleiben ein Jahr lang zugänglich. Zooniverse ist eine Plattform für Forschungsprojekte, die die Mitarbeit von Laien, sogenannten Citizen Scientists, nutzen. Das Portal wird von der Citizen Science Alliance betrieben, einer Organisation, die Vertreter von sieben renommierten Forschungs- und Bildungseinrichtungen umfasst. Quelle: https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/raumfahrt/jetzt-sollen-sonnendetektive-historische-sonnenflecke-entschluesseln/ Trivia: Der Mondkrater Secchi und der Marskrater Secchi sind beide nach Angelo Secchi benannt, ebenso wie der Hauptgürtel-Asteroid 4705 Secchi. Auch die beiden STEREO-Raumsonden (Solar TErrestrial RElations Observatory) tragen jeweils ein Instrumentenpaket namens SECCHI (Sun Earth Connection Coronal and Heliospheric Investigation).